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Mittwoch, 1. Mai 2013

Edgar Allan Poe - Das verräterische Herz und andere unheimliche Geschichten

Genre: Comic/Jugendbuch/Klassiker
Gebundene Ausgabe: 144 Seiten
Verlag: Knesebeck
Erscheinungstermin: März 2013
ISBN: 978-3-86873-505-5

Irgendwo in den Tiefen meiner Erinnerung gehe ich durch einen düsteren, abendlichen Thüringer Wald - zurück zu dem kleinen Ferienhäuschen, in dem ich in diesem Sommer die Ferien verbrachte. Neben mir geht mein Großvater und verstärkt die ohnehin schon düstere Atmosphäre eines Waldes beim Anbruch der Dunkelheit durch ein paar schaurige Geschichten. Eine dieser Geschichten war die eines Mannes, der in einem alten und finsteren Haus einen grausamen Mord begeht. Die Leiche des Opfers wird der skrupellose Mörder dadurch los, dass er sie unter die Dielen eines der düsteren Salons bettet. Doch dann, als der Mörder anfängt, sich sicher zu fühlen, beginnt ein Herz unter dem alten Holzfußboden erneut zu schlagen. Bumm-Bumm, Bumm-Bumm.

Die Bilder, die dies in meiner Fantasie hervorrief, erschütterten mich bis ins Mark. Wieder und wieder musste ich an das verräterische Pochen aus der Dunkelheit denken - so lange, bis ich es beinahe selbst zu hören glaubte. Und gerade hierin liegt der kritische Punkt: Kann es gelingen, die schauderlichen Geschichten Edgar Allan Poes durch Illustrationen wirklich zu bereichern oder ist in diesem speziellen Falle doch die Feder unserer guten alten Fantasie die bessere Wahl? Denn diese Ausgabe ist mehr Comic als Geschichtensammlung und steht auch dazu. Der Fokus liegt eindeutig auf den Illustrationen dieser nur vier Geschichten starken Ausgabe. Die Leidenschaft des Zeichners, Gris Grimly, für das Horror-Genre und das schaurige, viktorianische England ist dabei so unübersehbar wie die, des Filmemachers Tim Burton. Und doch liegen Welten zwischen ihnen. Grimlys überspitzte und teilweise fast vulgäre Zeichnungen kämpfen auf verlorenem Posten, so bemüht sie auch seien mögen, denn den Geschichten und der Magie Edgar Allan Poes werden sie nicht im Geringsten auch nur in irgendeiner Weise gerecht - und können es vielleicht auch gar nicht werden. Es ist, als machten sich die Disney-Studios dazu auf, Salingers Fänger im Roggen oder das Leben Charles Bukowskis in Form eines Zeichentrickfilms zu präsentieren. Was am Ende herauskommt, wirkt eher wie ein Haufen deplatzierter Karikaturen, statt die coole, düstere und verwegene, wie sagt man, Graphic Novel zu sein, die diese Ausgabe wohl gern wäre. Ich würde jetzt nicht so weit gehen, Grimly in irgendeiner Weise Frevel am Altmeister vorzuwerfen, aber gelungen ist das hier sicher nicht. Natürlich, es wird Menschen geben, die diese Ausgabe mögen, weil sie diese möglicherweise für innovativ, stilvoll oder einfach nur passend befinden, aber es soll auch Leute geben, die etwa Natascha Ochsenknecht für sympathisch, Paulo Coelho für geistreich oder Till Schweiger für einen Schauspieler halten.