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Samstag, 12. Januar 2013

Charles Bukowski - Ende der Durchsage

Genre: Gedichte/Lyrik
Taschenbuch: 736 Seiten
Verlag: KiWi
Erscheinungstermin: Juni 2012
ISBN: 978-3-462-04409-6

Charles Bukowski, der dreckige alte Mann der amerikanischen Literaturlandschaft, zählt für viele zu den wichtigsten Autoren des vergangenen Jahrhunderts und hat mit seinem Gespür für den Dreck der Welt, die schmutzigen Nebengassen der Gesellschaft und den Ausfluss des American Dreams nicht nur ein düsteres Panorama der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts aus der Sicht der Gescheiterten gezeichnet, sondern auch vielen, wie zum Beispiel mir, einen Zugang zur Literatur verschafft,  indem er seine gestochenen, düsteren und zum Teil autobiografischen Romane, voll von Alkohol, Sex, Glücksspiel und Enttäuschungen in die Schreibmaschine hämmerte.

Doch der alte Hank, wie er liebevoll von sich und seinen Anhängern genannt wurde, schrieb nicht nur Romane; auch sein breites Repertoire an Short-Stories, Essays und Gedichten erfreut sich reger Beliebtheit, und wie beim Rest des Oeuvres Bukowskis dürften sich die Geister auch an seinen Gedichten scheiden: Man hasst sie oder liebt es, dazwischen bleibt nicht viel Raum.

Die Lyrik Bukowskis ist rau, derbe und schmutzig; man findet sich schnell in den Betten heruntergekommener Pensionen, am Tresen einer versifften Bar oder auf der Pferderennbahn wieder. Ohne sich Reimen oder sonstigen klassischen Konventionen zu unterwerfen, dokumentiert Bukowski, die Scheiße, die sich um ihn herum abspielt; es wird gesoffen, geprügelt und gefickt. Wer den Holzhammer nicht scheut oder sonst irgendwie literarisch zartbesaitet ist, dürfte sich also schnell in der Poesie Bukowskis zuhause fühlen. Allen anderen dürfte die Faszination, die so viele für Charles Bukowski empfinden, jedoch ein Rätsel bleiben. Er schlägt dem Leser ins Gesicht, haut ihm jedes Wort um die Ohren - und es liegt dann eben am Lesen, was er daraus macht.

Freitag, 23. November 2012

Paul Murray - Skippy stirbt!

Genre: Gegenwartsliteratur
Broschur im Schuber: 3 Bände, 782 Seiten
Verlag: Antje Kunstmann Verlag
Erscheinungstermin:10. Januar 2011
ISBN: 978-3-88897-700-8

"... Vielleicht bestehen die Dinge ja nicht aus Strings, sondern aus Geschichten, einer Unzahl winziger, vibrierender Geschichten, einst waren sie alle Teil einer großen, gigantischen Supergeschichte, bloß dass die in eine Zillion verschiedener Teile zerbrochen ist, deswegen ergibt keine Geschichte für sich einen Sinn, und deswegen musst du in deinem Leben versuchen, sie wieder zusammenzuweben, meine Geschichte in deine Geschichte, unsere Geschichten in die all der anderen Menschen, die wir kennen, bis du was hast, was für Gott oder sonst wen wie ein Buchstabe aussieht, oder sogar wie ein ganzes Wort ..." (Ghostland, Seite 773)

Genau das ist es, was Paul Murray in Skippy stirbt! macht: er webt Geschichten zu einer einzigen Supergeschichte. Ob diese für irgendwen einen Buchstaben oder Wort ergibt, das kommt darauf an, wie weit man sich als Leser darauf einlässt. Ich habe mich darauf eingelassen - zugegeben nach anfänglichen Zweifeln - und für mich ergab das Ganze mehr als nur einen Buchstaben.
Bevölkert werden die drei Bände - Hopeland, Heartland, Ghostland - von den unterschiedlichsten Personen. Hier findet sich alles. Vom ehemaligen Seabrook Rugbychampion, der durch einen Unfall seiner Karriere beraubt, jetzt in seiner alten Schule Lehrer und Schwimmtrainer ist, bis zu Ruprecht van Doren, Skippys  Zimmergenossen und übergewichtigen Freund, Mathematikass, genial, nach fremdem Leben im All suchend. Eins haben alle gemeinsam: Sprachlosigkeit und die damit einhergehende Unfähigkeit zur tiefer gehenden Kommunikation. Von pubertierenden Jungs kann man eine solche Fähigkeit nicht verlangen, sie sind zu sehr mit sich selbst und den Veränderungen in ihrem Umfeld beschäftigt. Noch dazu, wenn sie damit durch die offensichtlich komplett überforderten, nur vermeintlich erwachsenen Menschen um sie herum alleine gelassen werden. Ohne Ausnahme hat hier jeder sein Päckchen zu tragen.

Dienstag, 6. November 2012

Wolfgang Herrndorf - Tschick


Wolfgang Herrndorf - Tschick
Genre: Gegenwartsliteratur
Hardcover: 256 Seiten
Verlag: Rowohlt Berlin
Erscheinungstermin: 17. September 2010
ISBN: 978-3-87134-710-8


Anfänglich schwer in dieses Buch reingekommen, weiß ich zum Schluss nicht wirklich wie ich es einordnen, was ich davon halten soll. Ein Roadmovie, in dem zwei Vierzehnjährige mit einem geklauten, kurzgeschlossenen Lada durch die Gegend fahren, dabei eintdecken, wie schön Freiheit und Freundschaft sind und wie schnell diese eine für sie so wichtige und wunderbare Woche vorrüber ist.

Maik Klingenberg lebt mit seinen Eltern in Berlin, der Vater verkauft Immobilien, die Mutter trinkt. Er selbst ist so sehr daran gewöhnt, dass es ihm nicht wirklich etwas auszumachen scheint. Selbst empfindet er sich vor allem als langweilig. Oberflächlich gesehen - die Familie wohnt im Eigenheim mit Pool - gehört er zu den "Gewinnern" - auch wenn er sich selbst keineswegs dafür hält..

Zu dieser Gruppe gehört Andrej Tschichatschow, genannt Tschick, nun schon gar nicht. Er wohnt in einem der Hochhäuser in Hellersdorf, erscheint des öfteren in der Schule offensichtlich stark alkoholisiert und ist ein ebensolcher Aussenseiter wie Maik.

Und genau das scheint es zu sein, was Tschick erkennt. Warum sonst sollte er mit dem geklauten Lada gerade bei Maik vor der Tür auftauchen und ihn auffordern, mit ihm auf Tour zu gehen. Maiks Eltern sind sowieso nicht zugegen - der Vater ist mit der "Assistentin" bei einem "Geschäftstermin", die Mutter auf der "Schönheitsfarm", sprich auf Entzug.
Und damit beginnt eine Tour, die allerhand Überraschungen und Erfahrungen mit sich bringt.

Dienstag, 21. August 2012

Christian Kracht - Faserland

Genre: Gegenwartsliteratur
Gebundene Ausgabe: 158 Seiten 
Verlag: dtv
Erscheinungsdatum: 7. Auflage Juni 2002
ISBN: 978-3423129824


Der Trip beginnt auf der Insel Sylt und geht quer durch Deutschland, über Hamburg, Frankfurt usw. bis nach Zürich. Auf dieser ziel- und planlosen Reise trifft der Held immer wieder alte Freunde und erfährt deshalb, gedanklich, eine Rückschau auf sein Leben und auch sonst durchlebt er einige Höhen und noch intensivere Tiefen. Dabei wird die Hauptperson, im zunehmenden Verlauf der Geschichte, immer mehr physisch und psychisch ein Wrack, was wohl zum Teil auch am Schlafmangel liegt.

Krachts Faserland gilt als der Auftakt zur Popliteratur. Mir ist allerdings nicht ganz klar was Popliteratur auszeichnet. Einige Parallelen konnte ich zu Leif Randt entdecken, denn beide Autoren benutzen zum Beispiel gerne die Wörter irgendwie, ziemlich und eigentlich. Der Grund, weshalb das Buch Faserland heißt, konnte ich leider nicht wirklich aufdecken. Meine Überlegungen dazu, erscheinen mir eher oberflächlich.
Die Narration wird von einem namenlosen, nihilistischen Protagonisten wiedergegeben. Der Namenlose ist etwas sadistisch, redet nicht sehr viel, denkt aber um so mehr. Dabei immer auf eine pessimistische Art, er nörgelt in Gedanken ständig über seine Umgebung. Desweiteren hat er Schwierigkeiten anderen Personen zuzuhören, da er immer wieder durch Gerüche oder dergleichen abgelenkt wird und in diesem Moment, an sein bisheriges Leben denkt. Auf seiner Reise trifft die Hauptfigur stetig auf den widerlichen Hedonismus, der sich zu dieser Zeit in Deutschland entfaltet und immer noch allgegenwärtig ist. Der hedonistische Lebensstil der anderen, ist dem Held überaus unangenehm, und er versucht dem zu entfliehen. Doch gelingt es ihm nicht, im Gegenteil, mit jedem Kapitel nehmen die Wirren des (seines) Lebens zu, und er fragt sich ob es denn überhaupt noch einen Sinn gibt. Zumal er sowieso ziemlich planlos durch die Gegend treibt, vielmehr mitgerissen wird. Dabei fragt man sich, ob der Namenlose einfach nur in einer Adoleszenzphase feststeckt, eine Midlife-Krise durchlebt, oder schlicht unter einer Depression leidet. Andererseits hat er einen überaus scharfsinnigen und kritischen Blick auf die Gesellschaft, obgleich ihn diese Gedankengänge womöglich seelisch zerstören.

Jene acht Kapitel, auf 158 Seiten, machen richtig Spaß. Was auch am hervorragenden Schreibstil liegt, der zum Teil auf verschrobener Art romantische Nuancen annimmt. Dennoch begibt man sich mit dem Protagonisten in eine Art Ritalin verseuchten Mainstream. Oberflächlich ist das Buch recht witzig, doch eigentlich voller Hass, dabei nicht selten äußerst poetisch und schonungslos.
Wenn man mal einen anderen gesellschaftskritischen Blickwinkel auf Deutschland ersucht, sollte man Krachts Faserland lesen. Irgendwie lässt das Buch, eigentlich ziemlich viel Raum für Spekulationen, besonders das Ende kann in vielerlei Hinsicht interpretiert werden.
Bedingungslos wunderbare Literatur.


Wenn ich dem Buch ein Musiktitel zuordnen sollte, würde ich “All Live But The Ending” von Circlesquare wählen, und nicht nur wegen den Lyrics. Der Song bauscht sich, genauso wie der Roman, zu einem Crescendo auf und endet dabei in Stille.



Note: 1,75
  • Humor: /
  • Anspruch: 2
  • Spannung: 2
  • Erotik: 2
  • Piratenfaktor: 1

Sonntag, 24. Juni 2012

J.R. Moehringer - Tender Bar

Gebundene Ausgabe: 464 Seiten 
Verlag: S. Fischer
Erscheinungsdatum: 03. März 2008
ISBN: 978-3-10-049602-7


J.R. wächst in den ärmlichen Verhältnissen Manhassets auf, einem schicksalsträchtigen Kaff im Schatten New York Citys, dessen Bucht bereits F. Scott Fitzgerald zu seinem Epos "Der große Gatsby" inspirierte. Zwischen den Tavernen der Arbeiterklasse, den Imbissen, den Lacrosse-Plätzen und den prunkvollen Villen der Reichen, findet der in einem schäbigen, kleinen Haus mit Mutter und Großeltern lebende Protagonist die Vaterfigur, die in seinem Leben so schmerzlich fehlt, in einer ganzen Bar.

Eine liebevolle Clique aus zwielichtigen Schluckspechten und Taugenichtsen wird zu dem männlichen Bezugspunkt im Leben des Jungen. Sehnlichst erwartet er den Tag, an dem es ihm erlaubt ist, seinen ersten Drink zu ordern. Bis dahin glorifiziert er jedes Detail, das aus diesem dunklen, von Zigarettenrauch geschwängertem Utopia nach außen und zu ihm dringt. Bis es dann tatsächlich so weit ist, und J.R. endlich Teil der Gesellschaft im "Publicans" wird.

Moehringer erzählt in diesem, stark autobiografisch-geprägten Roman nicht nur von der träumerischen Liebeserklärung an eine fast schon mythologisch verklärte Bar, sondern auch davon, was es für einen Jungen bedeuten kann, ohne Vater aufzuwachsen. J.R. wird älter, verlässt Manhasset, verliebt sich, kehrt zurück, geht nach Yale, und doch bleibt er stets ein Teil der Bar - und umgekehrt. Es ist eine Geschichte über Verlust, über Familie, das Erwachsenwerden und - ganz nebenbei - über einen Jungen aus ärmlichen und zerrütteten Verhältnissen, der es bis in die Redaktion der altehrwürdigen New York Times schafft. 

"Tender Bar" ist eines dieser Bücher, die einen nie fesseln, und doch nicht mehr loslassen, bis man sie ausgelesen hat. Die Tatsache jedoch, dass man den biografischen Bezug nie so ganz ausblenden kann, lässt den Pulitzer-Preisträger Moehringer an einigen Stellen ganz natürlich ein wenig selbstgerecht wirken, was wahrscheinlich auch der Grund ist, warum dieser die Gattung des Romans für seine Jugendmemoiren gewählt hat. Insgesamt bleibt "Tender Bar" jedoch, den wenigen American-Dream-Ausdünstungen zum Trotz, eine schöne und liebevolle Coming-Of-Age-Geschichte, deren sympathische Atmosphäre den Leser für einige Zeit begleitet und Lust macht, sich endlich mal wieder in einer dieser klassischen, verrauchten Kneipen an den Tresen zu setzen, sich volllaufen zu lassen und die ganze Welt zu zerreden.

Note: 2,4
  • Humor: 2
  • Anspruch: 2
  • Spannung: 3
  • Erotik: 3
  • Piratenfaktor: 2
   

Dienstag, 19. Juni 2012

Pete Dexter - Deadwood


Peter Dexter - Deadwood
Gebundene Ausgabe: 448 Seiten 
Verlag: Liebeskind
Erscheinungsdatum: 29. August 2011
ISBN: 978-3935890823


1876. In den Black Hills von South Dakota bestimmen versoffene Goldgräber, Hurentreiber und zwielichtige Revolverhelden das Bild der Zeit. Es ist die Ära der amerikanischen Geschichte, in der Städte manchmal schneller aus dem Boden schießen, als sie sollten.

Die lebende Legende "Wild Bill" Hickok und sein vermeintlich bester Freund Charley Utter sind gerade auf einem Treck in Deadwood angekommen, einem kleinen Städtchen voller Dreck, Gewalt und Sünde. Der in die Jahre gekommene "Wild Bill" sehnt sich, gezeichnet von Alter und Krankheit, nach dem bisschen Ruhe, das ihm in einem Leben der Duelle, der Frauen und des Risikos stets verwehrt geblieben ist. Wonach Utter sucht, weiß niemand - am wenigsten er selbst. Doch Deadwood hält weit mehr für die Beiden bereit, als sie denken. Es ist ein grausamer, ein tragischer Ort, indem der Tod, genau wie der nächste, wie sagt man, Fick, immer nur eine Straßenecke entfernt zu sein scheinen. Und so wartet das Schicksal auf jeden, der sich in dieses Wild-West-Sin-City verirrt - auch auf die vielen Helden bzw. Antihelden des Romans.

Mit viel Liebe zum historischen Detail, einem bitterbösen Humor und gewaltigen Worten beschwört Dexter in "Deadwood" das apokalyptische Horrorszenario einer aus Gier und Blut erbauten Kleinstadt zur Gründerzeit herauf, ohne dabei  genretypischen Wild-West-Fantasien auf den schleimigen Leim zu gehen. Was wir hier bekommen, ist ein tiefer Blick in die Abgründe der menschlichen Seele und die realen Auswüchse moralischer Verwahrlosung. Und doch ist die Geschichte geprägt von einer aufrichtigen und verzweifelten Melancholie. Denn bei all der Dunkelheit und dem Schmutz ist sie doch stets so ehrlich und entwaffnend klar, dass sie uns allen aus der Seele zu sprechen vermag - ob man das nun will oder nicht.

Und wie Dexter es in diesem grandiosen Roman ausdrückt: "Mann muss sündigen, damit einem vergeben wird."

Note: 1,6
  • Humor: 2
  • Anspruch: 1
  • Spannung: 2
  • Erotik: 2
  • Piratenfaktor: 1