Freitag, 29. Juni 2012

Haruki Murakami - Der Elefant verschwindet

Haruki Murakami - Der Elefant verschwindet
Taschenbuch: 192 Seiten
Verlag: btb (Random House)
Erscheinungsdatum: 04. Mai 2009
ISBN: 978-3442739295

Können Sie vielleicht gerade nicht schlafen? Oder ist ihre Katze davongelaufen? Bekommen Sie öfters seltsame Telefonanrufe, oder fragen sich, warum Sie überhaupt Beziehungen zu anderen Menschen unterhalten? Misstrauen Sie öfters Ihrer Erinnerung? Haben Sie ein Faible für das Skurrile, Phantastische, oder schlicht das Unwahrscheinliche? Oder, um die Sache einmal abzukürzen - wollen Sie mal wieder richtig gute Geschichten lesen, bei denen das Einschalten des Hirns allerdings Grundvoraussetzung ist? Dann dürften Sie bei diesem Band bestens aufgehoben sein.

Ich habe diesen ein wenig herausfordernden Band zum ersten Mal vor ein paar Jahren gelesen, und bin erstaunt, wie neu er mir nun bei der zweiten Lektüre scheint. Doch das halte ich erstmal für ein Qualitätsmerkmal. In der Tat glaube ich, dass man mit einer einmaligen Lektüre diesen gehaltvollen Stories nicht gerecht wird. Man kann sich ihnen aber durchaus nähern. Sofern man gewillt ist, auch hinter die doppelten Böden und versteckten Falltüren zu schauen, heißt das.

Ein wenig lesen sich die hier versammelten 8 Geschichten wie ein Reigen. Denn gewisse Motive tauchen in allen Geschichten immer wieder auf, und ziehen sich wie hauchdünne, geheimnisvolle Fäden durch das Buch. Da wäre zum Beispiel die eingangs erwähnte, verschwundene Katze. Schlaflosigkeit, und verschwommene Erinnerungen, wären ein zweiter Punkt. Auch geheimnisvolle Telefonanrufe gibt es hier öfters. Begegnungen mit seltsamen Menschen sowieso, des weiteren weinende Frauen, verloren geglaubte Erinnerungen, traumgleiche Sequenzen - und mittendrin immer wieder Helden, die sich ihrer eigenen Rolle nicht ganz sicher sind. 

Das liest sich im ersten Anlauf bisweilen ein wenig skurril, ist bei näherem Hinsehen aber oft auch komisch - auf eine sehr verschrobene Art. Freunde von Monty Python, Douglas Adams oder Arto Paasilinna sind hier gar nicht mal so falsch. Auf ein Sperrfeuer an Schenkelklopfern darf man hingegen nicht hoffen; dafür ist sich Murakami mit Recht zu schade.

Für den erfahreneren Murakami-Leser bietet sich hier zudem die Möglichkeit, im Fundus seiner Ideenwerkstatt zu stöbern, und zu untersuchen, wie manche Ideen zu seinen großen Romanen entstanden sind. Die erste Geschichte beispielsweise wurde später zur Eingangssequenz des Buches "Mister Aufziehvogel".  Und die titelgebende Geschichte, "Der Elefant verschwindet", riecht von der Atmosphäre her ganz entschieden nach einem Film von David Lynch.

Das Buch ist für mich ein wahres Labyrinth, und immer wieder spannend. Für Murakami-Neulinge vielleicht weniger geeignet - aber eine wahre Oase für alle, die von den Hera Linds, Tommy Jauds und Daniel Glattauers dieser Welt von Herzen die Nase voll haben.

Note: 2
  • Humor: 3
  • Anspruch: 1
  • Spannung: 2
  • Erotik: /
  • Piratenfaktor: 2

3 Kommentare:

  1. Glattauer in den selben Topf geschmissen wie Lind und Jaud?
    Ich staune.
    Glattauer ist ein feiner Kerl, der feine Romane schreibt.
    Lind und Jaud... von ihren Büchern kenne ich nur die schlechte Kritik von (meiner Meinung nach) ernstzunehmenden Buchkritikern.

    AntwortenLöschen
  2. P.S.:
    Da wo "schlechte Kritik" steht, sollte "negative Kritik" stehen (Gedankenfehler).
    Grüße.

    AntwortenLöschen
  3. Ich kann an Murakami nich ran - vermutlich bin ich zu rational :-)

    AntwortenLöschen