Evelyn Waugh - Scoop
Genre: Roman
Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: Diogenes
Erscheinungstermin: Januar 2014
ISBN: 978-3-8321-9647-9
Zweifellos ein Knüller
Zweifellos ein Knüller
Scoop - so nennt man in Journalistenkreisen einen
Knüller, die Sensationsgeschichte für Seite Eins. Und nur darum geht es
im schnell sich drehenden Karussell der Zeitungsblätter: Jedes Blatt
will das Erste sein, das solch eine Meldung bringt.
1938 verdichten sich in Europa die Gerüchte um eine Krise im fiktiven Ishmaelia, das dem tatsächlichen Abessinien, in dem Evelyn Waugh
selbst als Kriegsberichterstatter weilte, nachempfunden ist.
Sonderberichterstatter aus aller Welt sind auf dem Weg nach Jacksonburg,
um die dortige Situation und schnelle Änderungen der Lage unverzüglich
nach hause zu kabeln. Auch ein gewisse Boot vom Daily Beast befindet
sich unter den anwesenden Journalisten, die auf ihre große Stunde
warten. Nur dass er tatsächlich nicht der Boot ist, der aus persönlichen
Gründen nur allzu gewillt war, das Land für einen solchen Sondereinsatz
zu
verlassen.
William Boot, den es nach Jacksonburg verschlägt, war durchaus zufrieden mit seiner Kolummne Üppige Auen, für die er wunderbare Beschreibungen seiner Umgebung wie
William Boot, den es nach Jacksonburg verschlägt, war durchaus zufrieden mit seiner Kolummne Üppige Auen, für die er wunderbare Beschreibungen seiner Umgebung wie
" ... leichtfüßig durchs glucksende Moor schweift die pirschende Wühlmaus ..."
findet.
Seine Liebe zu Boot Magna,
dem Familiensitz, und dessen Umgebung spricht aus jedem seiner Sätze.
Ishmaelia ist ihm ehrlicherweise absolut gleichgültig und dennoch kann
er sich des Auftrages dorthin zu reisen und der britischen Nation die
neuesten Neuigkeiten von dort zu verschaffen, nicht erwehren.
John Boot hingegen, der junge vielgelesene Autor mittlerweile mehrerer Romane, ist nur allzu dankbar für den sogenannten Stitch-Service, der es ihm ermöglichen sollte, sich aus einer unangenehmen Situation, die natürlich mit einer Frau zu tun hat, herauszuwinden.
Äußerst skurrile und sehr britisch anmutende Charaktere sind es, die Evelyn Waugh für seine überaus amüsante Journalisten-Komödie
mit leichter Feder und doch in kräftigen Farben zeichnet. Ishmaelia,
der von ihm zwar realen Staaten nachempfundene, doch fiktive Staat,
wurde von außen - wie heute noch durchaus üblich - mit einer Regierung
besetzt, die den Weltmächten genehm und deren Interessen entgegenkommend
eingestellt ist. Waugh zeigt Mechanismen auf, derer sich auch heutige
Staatsoberhäupter gerne bedienen: Einsetzung eines Präsidenten nach
Gusto, aber natürlich unter dem Mäntelchen der Verschwiegenheit und nach
außen demokratisch gewählt. Vergabe weiterer Posten durch den
Präsidenten nach eigenem Ermessen mit dem Ziel, sich - zur
Zufriedenheit aller - ein familiäres Netzwerk und damit eine schier
unbrechbare Machtstruktur aufzubauen. Das wiederum verselbständigt sich
dann nicht im Interesse der weltweit involvierten Staaten. Kommt uns
doch irgendwie bekannt vor oder? Offensichtlich waren diese politischen
Vorgehensweisen schon 1938 gang und gäbe und Evelyn Waugh weitsichtig
genug, die Wahrheit in seiner Satire zu verpacken.
Aber auch die heute noch gängigen Methoden der Journaille zeigt Waugh subtil und doch gewohnt deutlich. Schlagzeilen ergeben sich nicht, sie werden gemacht. Geschichten werden nicht aufgespürt, sie werden geschrieben.
Sprachlich rasant, ironisch bis satirisch, gewürzt mit wunderbar schrägen Szenen, liebevoll gezeichneten Figuren ist Scoop ein wahrer Knüller, eine überaus erheiternde und kurzweilige Lektüre, trotz des doch kritischen gesellschaftlich-politischen Hintergrunds.
Note: 1,5
Note: 1,5
- Humor: 1
- Anspruch: 1,5
- Emotion: -
- Spannung: 2,5
- Piratenfaktor: 1
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