Genre: Erzählung
Taschenbuch: 112 Seiten
Verlag: dtv
Erscheinungsdatum: Februar 2012
ISBN: 978-3-423-14065-2
Als 1779 in den Wäldern, nahe des südfranzösischen Dorfes Aveyron, ein nacktes und verwahrlostes Geschöpf gesehen wird, dass sich flink und fremd wie ein Tier im Unterholz bewegt, sind sich die Männer des kleinen Ortes erst einmal gar nicht so sicher, was es war, dass sie dort gesehen haben. Doch die Berichte häufen sich und die Gewissheit beginnt zu dämmern, dass es sich bei dem vermeintlich gottlosen Geschöpf um ein in den Wäldern ausgesetztes Kind handele, statt um einen Dämon oder ein Tier, wie auch vermutet wurde. Wenn nun auch mit etwas Zögern, man war sich sicher, dass es so etwas nicht geben durfte, jetzt, wo Frankreich im Aufbruch war. Schnell verbreitet sich die Nachricht vom Wolfskind im ganzen Land. Eilig beginnt man, sich des streunenden Kindes anzunehmen, es zu fangen und ihm einen Namen zu geben - entspricht dies doch der vermeintlichen Ordnung der Dinge. Das wilde Kind, so ist man sich einig, muss zivilisiert werden, um ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Doch der junge Victor, wie man ihn inzwischen genannt hat, sträubt sich mit jeder Faser seines geschundenen Körpers gegen das Leben, das ihm aufgezwungen werden soll.
Hat uns der Fortschritt blind für die eigentlichen Werte des Lebens und der Natur gemacht? Haben wir unseren Sinn für den Einklang verloren und befinden uns auf dem Niedergang? Ist also vielleicht eher eine Dezivilisation erstrebenswert? Das sind die Fragen, denen sich der amerikanische Literatur-Rebell in seiner - im Übrigen auf wahren Begebenheiten beruhenden - Erzählung widmet.
"Das wilde Kind" ist reinste Zivilisationskritik à la Boyle, dem völlig zurecht stets pessimistischen Öko-Rock-'n'-Roller der literarischen Gegenwart. Während die konsumierende Welt sich im tiefschwarzen Strudel aus Gier und Müll abwärts bewegt und sich gleichsam in schnöder Ignoranz und Selbstbetrug übt, schreibt Boyle, patzig in der Sonne Kaliforniens sitzend, die Beine überschlagen, weiter gegen den bedrohlichen Zeitgeist der ewigen industriellen Revolution, und für das sterbende Gewissen unserer Epoche. Es ist eben diese Haltung, die spürbar zwischen den nüchtern gehaltenen Zeilen Boyles nahezu rousseauistischer Geschichte um das Wolfskind im neuzeitlichen Frankreich, prangert.
Boyle kann nicht aus seiner Haut und das ist gut. "Das wilde Kind" ist eine gelungene Erzählung (auch jenseits jeglichen Umweltaktivismus), deren sprachlicher Glanz von Dirk van Gunsteren hervorragend ins Deutsche gerettet wurde.
Als 1779 in den Wäldern, nahe des südfranzösischen Dorfes Aveyron, ein nacktes und verwahrlostes Geschöpf gesehen wird, dass sich flink und fremd wie ein Tier im Unterholz bewegt, sind sich die Männer des kleinen Ortes erst einmal gar nicht so sicher, was es war, dass sie dort gesehen haben. Doch die Berichte häufen sich und die Gewissheit beginnt zu dämmern, dass es sich bei dem vermeintlich gottlosen Geschöpf um ein in den Wäldern ausgesetztes Kind handele, statt um einen Dämon oder ein Tier, wie auch vermutet wurde. Wenn nun auch mit etwas Zögern, man war sich sicher, dass es so etwas nicht geben durfte, jetzt, wo Frankreich im Aufbruch war. Schnell verbreitet sich die Nachricht vom Wolfskind im ganzen Land. Eilig beginnt man, sich des streunenden Kindes anzunehmen, es zu fangen und ihm einen Namen zu geben - entspricht dies doch der vermeintlichen Ordnung der Dinge. Das wilde Kind, so ist man sich einig, muss zivilisiert werden, um ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Doch der junge Victor, wie man ihn inzwischen genannt hat, sträubt sich mit jeder Faser seines geschundenen Körpers gegen das Leben, das ihm aufgezwungen werden soll.
Hat uns der Fortschritt blind für die eigentlichen Werte des Lebens und der Natur gemacht? Haben wir unseren Sinn für den Einklang verloren und befinden uns auf dem Niedergang? Ist also vielleicht eher eine Dezivilisation erstrebenswert? Das sind die Fragen, denen sich der amerikanische Literatur-Rebell in seiner - im Übrigen auf wahren Begebenheiten beruhenden - Erzählung widmet.
"Das wilde Kind" ist reinste Zivilisationskritik à la Boyle, dem völlig zurecht stets pessimistischen Öko-Rock-'n'-Roller der literarischen Gegenwart. Während die konsumierende Welt sich im tiefschwarzen Strudel aus Gier und Müll abwärts bewegt und sich gleichsam in schnöder Ignoranz und Selbstbetrug übt, schreibt Boyle, patzig in der Sonne Kaliforniens sitzend, die Beine überschlagen, weiter gegen den bedrohlichen Zeitgeist der ewigen industriellen Revolution, und für das sterbende Gewissen unserer Epoche. Es ist eben diese Haltung, die spürbar zwischen den nüchtern gehaltenen Zeilen Boyles nahezu rousseauistischer Geschichte um das Wolfskind im neuzeitlichen Frankreich, prangert.
Boyle kann nicht aus seiner Haut und das ist gut. "Das wilde Kind" ist eine gelungene Erzählung (auch jenseits jeglichen Umweltaktivismus), deren sprachlicher Glanz von Dirk van Gunsteren hervorragend ins Deutsche gerettet wurde.
Note: 2,0
- Humor:/
- Anspruch: 1
- Spannung: 3
- Erotik: /
- Piratenfaktor: 2
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