Dienstag, 21. Mai 2013

W. Somerset Maugham - Silbermond und Kupfermünze

Taschenbuch: 224 Seiten
Erscheinungstermin: Januar 2013
ISBN: 978-3-257-20087-4

Kunst entzieht sich der Logik, man muss sie fühlen. Ein Bild gefällt oder gefällt nicht, so einfach kann das sein.
Charles Strickland ist ein Getriebener, er muss malen. Sein einziges Ziel ist es in seinem Leben Schönheit zu schaffen. In seinem Brotberuf - er ist Börsenmakler - wird das nicht gelingen, deshalb packt er kurz entschlossen seine Koffer, wickelt die Beteiligung an seiner Firma ab, verlässt Frau und Kinder und reist ab.

Paris - die Stadt der Liebe und der Kunst, dorthin zieht es ihn und dorthin reist auch der namenlose Schriftsteller, der Charles Strickland erst vor kurzem persönlich kennengelernt hat. Stricklands Frau bittet ihn inständig, ihren Gatten zur Vernunft und zurück zu bringen. Doch ohne Erfolg, denn Strickland zeigt seinen wahren Charakter. Er hat sich aller Verpflichtungen entledigt und folgt seinem inneren Drang zu malen. Schäbig ist das Hotel, in dem er wohnt, doch Äusserlichkeiten kümmern ihn schon lange nicht mehr. Seine Bilder verkauft er nicht, es will sie auch niemand wirklich haben. 

Einzig der überaus menschenfreundliche  Holländer Stroeve erkennt das wahre Genie in Stricklands Kunst. So menschenfreundlich Stroeve Strickland begegnet, so menschenverachtend zahlt es ihm Strickland heim  ...  
Retrospektiv entrollt W. Somerset Maugham das Lebens-Tableau des Charles Strickland vor den Augen der Leser. Als Vorbild für seinen Protagonisten diente ihm die schillernde Biographie Paul Gauguins, dem es wie vielen Malern erging - erst nach seinem Tod wurde seine Einzigartigkeit erkannt und die Preise für seine Bilder erreichten schwindelnde Höhen.
1919 erschien Silbermond und Kupfermünze im Original - vor bald hundert Jahren. Aktuell ist es dennoch, zeigt es doch ein komplettes Psychogram des getriebenen Künstlers, der es nicht schafft, vielleicht auch nicht schaffen möchte, Kunst und Leben miteinander zu vereinbaren. Strickland schafft es zumindest zum Schluss - oder sagen wir, er kann sich des sanften Zwanges nicht erwehren, der ihn teilweise zum Familienmenschen macht. Auch heute ist die Unvereinbarkeit von Kunst und Familie, zurückgezogenem Schaffen und gesellschaftlicher Zugewandheit sicherlich ein Thema. W. Somerset Maughams Erzähler selbst ist zwar kein Einsiedler, aber trotdem ohne Familie, hat er sich doch immer auf seinen ureigensten Weg begeben und ist somit ebenso ein Künstler, der im Zwiespalt lebt.

Dass ein Meistererzähler wie W. Somerset-Maugham auf höchstem stilistischen und sprachlichen Niveau schreibt, bedarf zwar eigentlich keiner Erwähnung. soll aber trotzdem wegen seiner unnachahmlichen Pointierung nicht unerwähnt bleiben. Diese punktgenau formulierten Beobachtungen der damaligen Gesellschaft - die man zum Teil auch heute noch vornehmen kann - bereiten die größte Leselust. Das Männer- bzw. Frauenbild mag hinterfragbar sein, doch ist es sicher nicht frei von Ironie und entlockt den ein oder anderen von Herzen kommenden Lacher.

Solch schriftstellerisches Können wird vor allem durch eine  meisterliche Übersetzung erkennbar. Und die Neuauflage des 1973 bei Diogenes zum ersten Mal erschienen Künstlerromanes ist eine solche. Deshalb lohnt es sich auch dann, diese Neuauflage anzuschaffen, wenn bereits eine ältere Ausgabe ihren Platz im heimischen Regal gefunden hat.
Ein Klassiker, an dem man nicht vorbeikommt, wenn man geschliffene Sprache und präzise Beobachtungsgabe liebt, denn:

" ... Kunst ist eine Gefühlsäußerung, und Gefühl spricht eine Sprache, die jedermann verstehen kann. ..."


Note: 1.2

•   Humor:1,5
•   Anspruch: 1
•   Spannung:
•   Erotik:
•   Piratenfaktor: 1

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