Sara Gruen - Wasser für die Elefanten
Genre: Gegenwartsliteratur
Gebunden: 400 Seiten
Verlag: Dumont Verlag
Erscheinungstermin: Februar 2008
ISBN: 978-3-8321-8026-3
ISBN: 978-3-8321-8026-3
Wasser für die Elefanten geholt haben angeblich viele damals junge Männer, als es ihn noch gab: den Wanderzirkus. Mit dem Zug unterwegs, angekündigt Tage zuvor durch unzählige Plakate, die die fliegende Vorhut geklebt hat, kommen die Artisten und Tiere immer im Morgengrauen an. Rasch werden die Zelte und Buden von den Arbeitern, den sogenannten Racklos, aufgebaut. Der Umzug wird organisiert und bringt in seinem Schlepptau hunderte von neugierigen Städtern mit. Die Show kann beginnen - Manege frei.
Glitzernd ist sie, die Welt der Manege - aber nur wenn man nicht zu genau hinsieht. Unlautere Geschäftspraktiken den Racklos gegenüber führen sogar dazu, dass unliebsame Arbeiter nachts "bei Rot aus dem Zug aussteigen müssen". Wer Glück hat, wird tatsächlich an einem Signal und somit in bewohnten Gegenden aus dem Zug geworfen - wer Pech hat, verliert dabei sein Leben.
Jacob Jankowski springt genau auf solch einen Zug auf: Benzinis spektakulärste Show der Welt ist auf dem Weg zum nächsten Halt auf ihrer Tour. Die Tatsache, dass Jacob sein Veterinärstudium kurz vor der Prüfung aufgrund tragischer Ereignisse abbrechen musste und Hals über Kopf ins Ungewisse rennt, wird zur Chance. Er wird der neue Tierarzt der Truppe. Bald findet er seinen Platz in der streng hierarchisch geregelten Welt des Wanderzirkus.
An diese Zeit erinnert sich der mittlerweile über 90 jährige Jacob, als eines Tages vor dem Altenheim, in dem er mittlerweile leben muss, ein Chapiteau aufgebaut wird. Zwei Tage nach Beginn der Aufbauarbeiten wird eines seiner Kinder kommen und mit ihm den Zirkus besuchen. Das ist ganz sicher. Ein Silberstreif am Horizont für den geistig vitalen Jacob, der sich nach richtigem Essen sehnt, in das er seine Zähne schlagen kann und der sich in vielem bevormundet fühlt. Wie vielen Menschen geht es in ähnlicher Situation wohl genauso? Zu vielen möchte man denken.
Der Sonntag naht, die Tage dazwischen verbringen wir zusammen mit Jacob teils beim Zirkus, teils im Heim. Doch dann kommt alles anders und wieder einmal ist ein Ende ein neuer Anfang ...
Sara Gruen beginnt die Geschichte um Jacob Jankowski und Benzinis spektakulärster Show der Welt mit einem Prolog, der ein wichtiges Ereignis vorwegnimmt. Vorwegnimmt in einer Weise, die den Leser glauben macht, die ganze Zeit zu wissen, was passieren wird. Doch weit gefehlt: Alles war anders und doch ist das, was da am Anfang steht absolut wahr. Ein geschickter und wunderbarer Kunstgriff.
Die jahrelange Recherche Sara Gruens zum Thema des Wanderzirkus in den Jahren der Depression findet sich in der Detailgenauigkeit der Geschichte wieder. Die Verwendung zahlreicher Fachausdrücke macht das Bild noch lebendiger und authentischer. Der Einblick in eine glamouröse und gleichzeitig harte, unfaire und teilweise tierquälerische Welt geht tief.
Daneben steht die Lebensrealität alter Menschen, die nicht mehr ganz unabhänig leben können. Auch das schildert Sara Gruen durchaus glaubwürdig und beängstigend.
Wieder einmal sind es zwei abwechselnd angesprochene Handlungsstränge, die die Spannung aufbauen, halten und einen das Buch nicht aus den Händen legen lässt.
Vor allem aber wegen der wunderbaren Figur Jacob Jankowskis, der sich nicht nur einmal traut, sich auf eine ungewisse Reise und in ein neues Leben zu begeben, hat sich dieses Buch einen steten Platz in meinem Bücherregal erstritten. Auch wenn manch andere Figuren etwas blass bleiben - es kann eben immer nur einer strahlen.
" ... Und dann lache ich, weil alles so unvernünftig ist und so wunderbar, und es kostet mich Mühe, mich nicht vor Lachen zu schütteln. Ich bin dreiungneunzig, na und? Was macht es schon, dass ich uralt und schrullig bin und dass mein Körper ein Wrack ist? ... "
Note: 1,6
- Humor: 1,5
- Anspruch: 2,0
- Spannung: 1,5
- Erotik: -
- Piratenfaktor: 1,5
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