Genre: Lyrik
Broschierte Ausgabe: 160 Seiten
Verlag: C.H. Beck
Erscheinungsdatum: 19. September 2011
ISBN: 978-3-406-62777-4
Einen Gedichtband rezensieren? Hm. Ich will ehrlich mit Euch
sein: Es ist nicht einfach für mich, am Abend in meinem Bett zu liegen und
Gedichte zu lesen, ohne dabei einzuschlafen. Versteht mich nicht falsch, ich
bin kein Banause, der stets den leichten Weg bevorzugt und die Interpretationsaufgabe
der Abiturprüfung verschmäht hat, aber es fällt mir wesentlich schwerer, einen
Zugang zu Lyrik zu bekommen, als zu einem Roman. Ich hielt es eigentlich mit
den Gedichten wie mit Galerien oder dem Theater: Ich respektiere sie, finde sie
bewundernswert und gehe nicht hin. Mal davon abgesehen, dass so viele
Wichtigtuer dort sind. Oft empfinde ich eine zu große Demut, eine
Unzulänglichkeit, gegenüber dieser hohen Kunst, die mir das Gefühl gibt, ihr
partout nicht gerecht werden zu können. Und, wie gesagt, es tummeln sich zu
viele Wichtigtuer.
Doch selbst wenn meine Welt sonst von Romanen geprägt ist,
bin ich mir der Tatsache bewusst, dass man nie auf einem Auge blind sein sollte
- gerade, wenn die Gefahr besteht, etwas Großartiges zu versäumen. Jemandem nun
einen Gedichtband von Robert Frost zu empfehlen, ist, als wollte man einen
Menschen von den Zeitnehmer-Qualitäten einer Uhr überzeugen - schließlich ist
Frost einer der bedeutendsten Lyriker der letzten hundert Jahre. Ich weiß nicht
mehr, auf wie vielen ersten Seiten, und wie vielen Filmen ich Robert Frost
schon begegnet bin, bevor ich mir tatsächlich seine Gedichte zu Gemüte geführt
habe.
Nun lässt sich natürlich darüber streiten, ob es überhaupt
Sinn macht, Frost außerhalb der Originalsprache zu lesen, was jedoch genau
dahin führt, warum ich Euch diese Edition ans Herz legen möchte. Lars Vollert,
seines Zeichens Übersetzer und Herausgeber, trägt in "Promises to
keep" nämlich nicht nur seine eigenen, hervorragenden Übersetzungen und
andere, gereimte Varianten, sondern auch die Originaltexte auf Englisch
zusammen. Tatsächlich wird also jeder fündig, der sich auf irgendeine Weise mit
der magischen Wortgewalt und den mächtigen, metaphorischen Wäldern und
Landstrichen des vielfachen Pulitzer-Preisträgers befassen möchte.
Die Sprache des Robert Frost ist ebenso klassisch, wie sie modern ist. Er erzählt vom einfachen Leben, von Äckern und Saat, von
dunklen Wäldern und einem nebligen Neuengland, von Natur und harter Arbeit, von
Liebe, Leben und Tod. Und er tut dies auf eine Weise, die einen nun wirklich
nicht wegdämmern lässt, nimmt man den Gedichtband zur Hand, während man abends
im Bett liegt. Und wie er selbst sagt:
"The
woods are lovely, dark and deep,
But I have
promises to keep,
And miles
to go before I sleep
And miles
to go before I sleep."
(Robert Frost, "Stopping by woods on a snowy evening")
Note: 1,5
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